Dienstag, 2. März 2010

Der Fuchs ist auf der Suche

Als der Fuchs einmal auf der Suche nach sich selbst war, durchwühlte er seinen ganzen Bau, um sich endlich zu finden. Er stellte alles auf dem Kopf und ließ keine Ecke aus, doch es war zum verzweifeln.
Zuerst suchte er unter dem Bett, doch dort fand er nur andere Sachen: Einige zerfledderte Lustige Taschenbücher (jede zweite Seite bunt), Videokassetten mit Monty Python-Filmen und einen Haufen alter Klamotten. Aber der Fuchs gab nicht auf. Vielleicht fand er sich ja unter der Matratze. Als er sie jedoch anhob, lag darunter nur ein Magazin mit knapp bekleideten Füchsinnen. Also ließ er sie wieder sinken.
Er musste weitersuchen, irgendwo würde er sich schon finden. Er schaute in den Schrank, suchte zwischen Schlaghosen und Baggypants, T-Shirts und Hemden, wühlte die Socken durch und inspizierte auch die Schublade mit den Boxershorts. Nichts.
Vielleicht hatte er in der Küche mehr Erfolg. Er schaute in den Kühlschrank. Der Inhalt war überschaubar. Margarine, Käse, Milch, Bier, Pommes, Tiefkühlgans. Fuchs: Fehlanzeige. Auch zwischen Nudeln, Reis, Gewürzen, Tee und Kaffee konnte er sich nicht entdecken. Im Geschirrschrank fand er wider Erwarten Geschirr, in der Besteckschublade Besteck und im Müll wollte er dann doch nicht suchen. Aber er ließ sich nicht entmutigen und ging ins Bad.
Dort sah er sich im Spiegel, aber das war nicht, was er suchte. Dieser Fuchs war immer noch spiegelverkehrt. Aber er war auch nicht in der Dusche, nicht zwischen den Handtüchern, nicht im Schränkchen und auch nicht hinter der Toilette.
Als er ins Wohnzimmer kam, war er sicher, hier mit seiner Suche Erfolg zu haben. Er untersuchte seinen Schreibtisch, kramte zwischen Notizen und Briefen, Zeitungen und Akten. Er war sehr lang beschäftigt, denn es gab viel durchzusehen.
Er fand alte Photos und Notizen aus seiner Schulzeit, und er fühlte, dass dies schon ein Teil dessen war, was er suchte. Nachdem er aber einige Zeit in den alten Erinnerungen geschwelgt hatte, stellte er fest, dass er immer noch nicht zufrieden war. Er musste weitersuchen.
Im Schrank lagen alte Magazine und Konsolenspiele, die er schon seit Jahren nicht mehr angefasst hatte. Der Inhalt der Vitrine daneben war ähnlich aufbauend: Verstaubte Gläser standen neben einem vertrockneten Kaktus. In der Ecke stand ein altes Photo, dass den Fuchs mit seinem Vater und der Hyäne zeigte. Doch das war nicht, was er suchte.
Zwischen CD's und LP's suchte er, unter Rage Against The Machine, hinter The Cure, zwischen Nirvana und Queens Of The Stone Age. Es roch richtig, aber das war es noch immer nicht. Er legte die Nadel auf das schwarze Plastik der OK Computer-Vinyl und wandte sich dem Regal zu.
Beim Durchblättern der Bücher, irgendwo zwischen Adams Anhalter und dem Manifest, viel ein Photo und ein Brief aus einem der Bücher. Es war wie Post aus der Vergangenheit.
Das Photo zeigte ihn mit einer lang verflossenen Liebe im Urlaub im Nachbarwald. Der Brief bestand aus einigen wenigen verliebten Zeilen, die sie ihm damals geschrieben hatte. Der Fuchs musste grinsen. Das war so lang her. Er steckte das Bild zu den anderen Photos und den Brief wieder in eines der Bücher. Irgendwann würde er erneut Post aus der Vergangenheit bekommen.
Währenddessen war dem Fuchs etwas klargeworden. In seinem Bau roch alles nach ihm, aber hier konnte er sich nicht finden. Hier fand er nur, was er gewesen war, hier gab es nur die Hinweise.
Er betrat die Dachterasse seines Baus und sah sich um. Ja, hier war es. Irgendwo hier draußen würde er das finden, was er suchte. Und jeden Tag ein wenig davon in seinen Bau bringen, um am nächsten Tag wieder zu wissen, wohin.
Er hatte das Gefühl, seine Suche würde eine Aufgabe fürs Leben werden. Aber er konnte sie nur annehmen.

1 Kommentar:

  1. das Thema schlechthin. interessant umgesetzt. gefällt mir gut :-)

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